Im August 2025 hat die Ho-Chunk Nation aus Wisconsin eine Klage gegen die Trading-Plattform Kalshi und Robinhood eingereicht. Der Vorwurf: Illegale Sportwetten auf Stammesgebiet, die die wirtschaftlichen Interessen und die Souveränität der indigenen Gemeinschaft bedroht. Der Fall könnte zum Präzedenzfall für die Regulierung von Online Glücksspiel und Prognosemärkten in den USA werden.
Hintergrund: Warum die Ho-Chunk Nation gegen Kalshi und Robinhood vorgeht
Die Ho-Chunk Nation betreibt seit Jahrzehnten erfolgreich Casinos und Glücksspielbetriebe auf ihrem Stammesland. Diese Einnahmen sind für die Finanzierung von Infrastruktur, Sozialprogrammen und den Erhalt der eigenen Kultur essenziell. Mit dem Aufkommen von Online Plattformen wie Kalshi, die sogenannte „Event Contracts“ auf Sportereignisse anbieten, sieht sich der Stamm mit einer neuen Form des Glücksspiels konfrontiert, die nach eigener Auffassung illegal und unreguliert ist.
Rechtlicher Rahmen: Indian Gaming Regulatory Act und Commodity Exchange Act
Im Zentrum des Rechtsstreits stehen zwei zentrale US-Gesetze:
- Indian Gaming Regulatory Act (IGRA, 1988): Regelt das Glücksspiel auf Stammesland. Glücksspiel ist dort nur mit Genehmigung von Bund und Bundesstaat erlaubt. Ziel ist es, die Souveränität der Stämme zu schützen und ihnen wirtschaftliche Entwicklung zu ermöglichen.
- Commodity Exchange Act (CEA): Regelt den Handel mit Finanzprodukten und Derivaten auf Bundesebene. Kalshi argumentiert, dass ihre „Event Contracts“ als Finanzprodukte unter den CEA fallen und daher nicht als Glücksspiel zu werten sind.
Die Ho-Chunk Nation sieht in den Angeboten von Kalshi und Robinhood jedoch illegale Sportwetten, die das IGRA verletzen und die exklusiven Glücksspielrechte des Stammes untergraben. Die Regulierung von Online Glücksspiel in den USA unterscheidet sich deutlich vom deutschen Markt, wo beispielsweise legale Online Casinos streng überwacht werden.
Wirtschaftliche Bedeutung des Glücksspiels für die Ho-Chunk Nation
Die wirtschaftlichen Kennzahlen unterstreichen die Brisanz des Falls:
- Die Ho-Chunk Nation erwirtschaftet jährlich mehrere hundert Millionen Dollar durch ihre Casinos und Glücksspielbetriebe.
- Diese Einnahmen finanzieren Arbeitsplätze, Gesundheitsversorgung, Bildung und kulturelle Projekte für rund 7.400 Stammesmitglieder.
- Illegale Konkurrenz durch Online Anbieter bedroht diese zentrale Einnahmequelle und damit die wirtschaftliche Unabhängigkeit des Stammes.
Ablauf und Stand des Rechtsstreits
Der Rechtsstreit ist Teil einer breiteren Debatte um die Regulierung von Online Glücksspiel und Prognosemärkten in den USA. Die wichtigsten Stationen:
- August 2025: Die Ho-Chunk Nation reicht Klage beim Bundesgericht in Wisconsin ein. Ziel ist ein dauerhaftes Verbot der Angebote von Kalshi und Robinhood auf Stammesland.
- Argumentation der Kläger: Die Plattformen bieten illegale Sportwetten an, umgehen die Regulierung und greifen in die exklusiven Rechte des Stammes ein.
- Argumentation der Beklagten: Kalshi und Robinhood sehen ihre Produkte als regulierte Finanzverträge, nicht als Glücksspiel. Sie berufen sich auf die Zuständigkeit der Commodity Futures Trading Commission (CFTC).
- Weitere Klagen: Ähnliche Verfahren laufen in anderen Bundesstaaten und von weiteren Stämmen. Einige Bundesstaaten haben Kalshi bereits untersagt, Sportwetten anzubieten.
- Uneinheitliche Gerichtsurteile: Die US-Gerichte sind sich uneinig, wie „Event Contracts“ rechtlich zu bewerten sind. Die Rechtslage bleibt vorerst unklar.
Historischer Kontext: Glücksspiel, Souveränität und wirtschaftliche Entwicklung
Seit den 1980er Jahren nutzen viele indigene Stämme in den USA das Glücksspiel als Weg zur wirtschaftlichen Selbstbestimmung. Das IGRA von 1988 war ein Meilenstein, der den Stämmen die Kontrolle über das Glücksspiel auf ihrem Land sicherte. Die Ho-Chunk Nation hat sich durch den Betrieb von Casinos wirtschaftlich stabilisiert und ihre Gemeinschaft gestärkt.
Jahr | Ereignis |
---|---|
1987 | Supreme Court-Urteil „California v. Cabazon Band of Mission Indians“: Bestätigt das Recht der indianischen Stämme, Glücksspiel auf eigenem Land zu betreiben, sofern der Staat Glücksspiel erlaubt. |
1988 | Verabschiedung des Indian Gaming Regulatory Act (IGRA): Bundesgesetz, das den Rechtsrahmen für Glücksspiel auf Stammesland etabliert und die Regulierung auf Bundesebene sowie die Schaffung der National Indian Gaming Commission vorsieht. |
1992 | Eröffnung zahlreicher großer Casinos durch indigene Stämme (z.B. Foxwoods Resort Casino), die bedeutende Wirtschaftsimpulse setzen. |
1996 | Rasantes Wachstum der Casino Einnahmen; Debatten über soziale und wirtschaftliche Auswirkungen und Herausforderungen innerhalb der Stämme. |
2000 | Indianische Casinos sind zentraler Wirtschaftsfaktor und finanzieren u.a. Sozialprogramme und Infrastrukturentwicklung. |
2004 | Beginn der Debatte um Online Glücksspiel und neue Technologien, erste juristische Konflikte entstehen |
2025 | Ho-Chunk Nation verklagt Kalshi und Robinhood wegen angeblich illegalen Sportwetten auf Stammesgebiet, was eine neue Phase von Rechtsstreitigkeiten um Tribal Gaming einleitet. |
Die anhaltende politische Diskussion um die Regulierung und Liberalisierung des US-Glücksspielmarktes spiegelt sich auch in jüngeren Gesetzesvorhaben wider, wie der Trumps Big Beautiful Bill.
Was der Fall für die Regulierung von Online Glücksspiel bedeutet
Der Fall Ho-Chunk Nation vs. Kalshi/Robinhood [auf Englisch] zeigt, wie wichtig der Schutz indigener Rechte und Einnahmequellen ist. Und wie komplex die Abgrenzung zwischen Glücksspiel und Finanzprodukt sein kann.
Anbieter wie Kalshi und Robinhood müssen mit weiteren Klagen und regulatorischen Hürden rechnen. Für die Ho-Chunk Nation und andere Stämme steht viel auf dem Spiel: Es geht um Einnahmen, Souveränität und die Kontrolle über das eigene Land.
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