Zwischen Rausch und Ruin: Das Glücksspiel in der Literatur

Bücher, Poker Chips und ein Roulettekessel.

Es geht um Besessenheit, Machtkämpfe und Verlust. Wenn es um Glücksspiel in der Literatur geht, stehen vor allem Träume, Ängste und Niederlagen im Vordergrund

Glücksspiel in der Literatur hat als wichtiges Motiv schon immer eine tragende Rolle gespielt, oft als Symbol für menschliche Schwächen und die Suche nach Kontrolle, so ironisch es auch klingen mag. Es reicht von klassischen Erzählungen, in denen das Spiel zur Falle wird, bis hin zu modernen Interpretationen, in denen es das tägliche Leben prägt. Ob als Quelle der Besessenheit oder als Metapher für das Leben selbst, vor allem in den folgenden Werken zieht sich Glücksspiel wie ein roter Faden durch die Erzählstränge.

Der Spieler als Idealtypus: Obsession, Sucht und sozialer Abstieg

In vielen literarischen Werken tritt der Spieler als Archetyp auf, dessen Abstieg in die Sucht nicht nur eine persönliche Tragödie, sondern auch ein Spiegel der gesellschaftlichen Verhältnisse ist. In Dostojewskis „Der Spieler“, einem Werk, das autobiografische Züge trägt, da Dostojewski in Baden-Baden selbst mit Spielsucht zu kämpfen hatte, steht der junge Alexej Ivanowitsch.

„Der Spieler“Fjodor M. Dostojewski

„Denn ich gehöre zu jenen, die zwar mit bebenden Händen an den Spieltisch treten, aber sobald sie etwas gewonnen haben, ihre Geistesgegenwart bis zu einem gewissen Grade wiedergewinnen, und je mehr sie gewinnen, umso kälter und überlegter werden sie.“

Die Figur steht stellvertretend für die Zerrissenheit zwischen dem Verlangen nach Reichtum und dem Verfall in die Spielsucht. Das Spiel wird hier nicht nur als Flucht vor der Realität dargestellt, sondern als ein Mechanismus, der den Protagonisten zunehmend von sich selbst entfremdet.

Ein weiteres Beispiel findet sich in Alexander Puschkins „Pique Dame“, in dem das Glücksspiel mit übernatürlichen Kräften verknüpft wird. Die Besessenheit des Hauptcharakters, Hermann, von einem geheimen Kartentrick führt ihn nicht nur in den Ruin, sondern auch zu einem mörderischen Ende.

Auch in Arthur Schnitzlers „Spiel im Morgengrauen“ wird das Glücksspiel als Symbol für den Verlust von Ehre und Identität in der Militärgesellschaft verwendet.

„Spiel im Morgengrauen“Arthur Schnitzler

„Ich setzte mein Leben aufs Spiel, und ich verlor es nicht; ich setzte meine Ehre aufs Spiel, und ich verlor sie.“

Der Hauptcharakter wird von seinem eigenen Verlangen nach dem Nervenkitzel des Spiels erfasst und verliert nicht nur sein Vermögen, sondern auch seine gesellschaftliche Stellung.

Bühne des Schicksals: Das Spiel als Metapher und dramaturgischer Motor

Ist das Spiel mit dem Glück in der Literatur wirklich mehr als nur Gewinn und Verlust? Ja, denn es wird zum Sinnbild für das Schicksal, das Unkontrollierbare und menschliche Tragödien. So auch in Tennessee Williams’ „Endstation Sehnsucht“, das 1947 am Broadway uraufgeführt wurde.

Vom Bühnenklassiker zum Literaturkanon

„Endstation Sehnsucht“ wurde ein großer Bühnenerfolg, erhielt 1947 den Pulitzer-Preis und wurde 1951 mit Marlon Brando und Vivien Leigh verfilmt. Es gilt als Meilenstein des amerikanischen Theaters und ist in vielen Schulen des Landes fester Bestandteil des Literaturkanons.

Die Pokerrunden, die im Stück stattfinden, zeigen, wie die Charaktere um Macht und Kontrolle ringen. Dabei geht es nicht nur um Geld, sondern auch um die Identität der Protagonisten. Und als wäre das nicht schon pathetisch genug, thematisiert die Tragödie parallel den Verfall der Hauptfigur Blanche DuBois, deren innere Zerrissenheit durch die brutalen Machtkämpfe umso intensiver zum Leben erwachen.

Auch in Honoré de Balzacs „Das Chagrinleder“ von 1831 geht es im Glücksspiel um mehr als nur den Einsatz. Der Protagonist setzt ein magisches Amulett und spielt damit mit seinem Leben. Das Glücksspiel wird hier als Symbol für den Niedergang des eigenen Lebens dargestellt, ähnlich wie in Balzacs gesamtem Werk „La Comédie Humaine“. Der Ausgang des Spiels scheint über Leben und Tod zu entscheiden.

Beide Werke verdeutlichen, dass das Glücksspiel in der Literatur häufig als dramatischer Motor dient, der das Handeln der Charaktere vorantreibt und rationale Denkweisen völlig aushebelt. In diesen Geschichten geht es nicht nur um Gewinn und Verlust im wörtlichen Sinne, sondern um existenzielle Fragen: Wie weit ist der Mensch bereit zu gehen, um zu bekommen, was er will? Wie beeinflussen äußere Faktoren wie Macht und gesellschaftliche Stellung das Spiel um das eigene Leben? In beiden Fällen lässt das Spiel die Figuren an ihre Grenzen stoßen, sowohl emotional als auch moralisch.

Vom Casino-Glamour zum schmutzigen Alltag: Das Spiel in der Moderne

Im 20. Jahrhundert wandelte sich das Glücksspiel in der Literatur von einem Symbol für sozialbesessene Exzesse hin zu den Schattenseiten der Gesellschaft. Ian Flemings „Casino Royale“ aus dem Jahr 1953 setzte das luxuriöse Casino als Kulisse für die Abenteuer von James Bond in den Mittelpunkt. Das Spiel, insbesondere das vermeintliche Pokerduell, wird zu einem Machtkampf, ähnlich wie in „Endstation Sehnsucht“.

Poker statt Baccarat

Im Originalroman von 1953 spielt Bond gegen Le Chiffre beim Baccarat. In der 2006er Verfilmung wurde das Spiel jedoch auf Texas Hold’em Poker geändert, um der Szene und der gesamten Erzählstruktur einen moderneren Touch zu verleihen.

Im Gegensatz dazu zeigt Graham Greene in seinem 1938 erschienenen „Brighton Rock“ die düstere Seite des Spiels. Das Buch entwirft ein Bild von kriminellen Milieus, in denen das Glücksspiel eine alltägliche Flucht vor der tristen Realität darstellt. Pinkie, der junge Gangster, benutzt das Spiel als einen Mechanismus der Selbstbestätigung und der Kontrolle über das eigene, von Gewalt und Unsicherheit geprägte Leben. Doch auch heute bedienen sich Romane dieser Motive.

Das Glücksspiel als Spiegel der Gesellschaft: Zwischen Flucht und Zerstörung

In der modernen Literatur ist das Glücksspiel nicht nur eine Ablenkung, sondern eine Reaktion auf eine Welt, die zunehmend entmenschlicht. In den Krimis von Jo Nesbø wird das Spiel oft zur Flucht vor einer Realität, die von Gewalt und inneren Konflikten gezeichnet ist.

In „Der Schneemann“ etwa nutzt der Hauptcharakter Harry Hole Glücksspiel und andere Suchtmittel, um der Schwere seiner Vergangenheit zu entkommen. Das Spiel ist dabei nicht nur eine persönliche Ablenkung, sondern ein Mittel, sich der dunklen, chaotischen Welt zu entziehen. Doch je tiefer Hole in den Strudel des Spiels eintaucht, desto mehr offenbart sich das Glücksspiel als Teil des sozialen und moralischen Konflikts, der ihn umgibt.

Charles Bukowski nimmt in seinen Werken eine ähnliche Perspektive ein, besonders in „Pulp“ (1994). Hier ist das Glücksspiel nicht nur eine Flucht, sondern steht ebenso für die Endlosigkeit der Selbstzerstörung. Bukowski beschreibt eine Welt, in der die Spielenden in einer konstanten Suche nach einem Ausweg gefangen sind, doch das Spiel selbst bleibt der einzige Trost.

Die Pferderennbahn als Inspiration

Charles Bukowski war leidenschaftlicher Pferderennspieler, insbesondere auf der Rennbahn Hollywood Park in Los Angeles. In seinem Werk „Hollywood“ verarbeitet er seine Erfahrungen als Drehbuchautor des Films „Barfly“ und schildert dabei auch seine Erfahrungen auf der Rennbahn.

Digital, schnell, anonym

Die Digitalisierung hat auch vor dem Glücksspiel kein Halt gemacht. Wo früher die Atmosphäre in einem Casino vor Ort die Spannung ausmachte, geht es heute oft nur noch um einen Klick, und schon dreht sich der virtuelle Slot. Immer öfter spielen Menschen in Online Casinos um echtes Geld, wodurch der alte Pathos, der dem Glücksspiel oft innewohnte, irgendwie fehl am Platz wirkt. Der klassische Moment der großen Wette, der ständige Kampf gegen den eigenen Drang und die existenziellen Fragen, die im echten Spiel aufgeworfen werden, verschwimmen im schnellen, digitalen Ablauf.

Trotzdem bleibt die Literatur ein Rückzugsort, wo dem Glücksspiel noch immer eine größere Bedeutung zugeschrieben wird, als es in der Realität der Fall ist. So unterschiedlich der Rahmen heute also auch ist, ob in einem klassischen Casino oder einem Online Spiel, in der Literatur bleiben die Themen von Verlust, Kontrolle und Flucht auch weiterhin brandaktuell. Die alten Erzählungen und die neuen digitalen Formen des Spiels können so nebeneinander bestehen und uns immer wieder die Möglichkeit des Abgleichs geben.

Avi Fichtner - Gründer und Redakteur von spielbank.com.de
Avi Fichtner Gründer und Redakteur von spielbank.com.deAktualisiert: 16.07.2025

Avi Fichtner hat sein Hobby zum Beruf gemacht. Aus dem Interesse an Casino Spielen und Poker entstand ein Startup, das heute ein erfolgreiches Unternehmen im Glücksspiel-Bereich ist. Avi und sein Team testen professionell Online Casino Anbieter und teilen ihre persönlichen Erfahrungen. Avi lebt mit seiner Frau und drei Kindern in Berlin und ist passionierter Taucher und Ausdauersportler.

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